Save the Date - Digital Release 14. Januar 2024
Durch die Pandemie wurde die wirtschaftliche Situation für Musiker zunehmend prekär. Lockdown und Auftrittsverbote werfen die ganz großen Fragen auf.
Johnny Ska - Locked verbindet künstlerische Zwiesprache mit dem Alter Ego mit der Produktion eines Albums. Das Projekt schaut auf die Lebensgeschichte des Musikers Johnny Ska, zeigt ihn introvertiert im Diskurs mit sich selbst. Der Lockdown als Albtraum? Abgeschnitten von der Umwelt, zurückgeworfen auf das eigene Selbst beginnt eine Reise in die musikalische Vergangenheit.
1987 nach Köln gekommen, um die musikalische Welt am E-Bass für sich zu erobern, war der wilde Johnny mit unbändiger Energie gesegnet, auf allen Events präsent und sich für nichts zu schade: Er wollte einfach nur spielen. Dann passierte das Leben. Verantwortung wollte übernommen werden.
35 Jahre später blickt Johnny Ska senior zurück und möchte noch einmal mit jenem jungen Johnny Zwiesprache halten. Was stimmt an der Erinnerung? Was ist nur Wunschdenken?
Die so entstandenen Songs reflektieren das eigene Leben des Musikers, führen aber gleichzeitig in eine musikalische Retrospektive, die dem Zuhörer eine Projektionsfläche bietet, um sich mit seiner eigenen Lebensgeschichte zu befassen. Viele Musikstile haben Johnny Ska geprägt, darunter Blues, Funk, Jazz, Crossover und Ska. Diese Stile fließen in die Songs des Projekts ein, sind aber keine Imitation, sondern inspirieren den eigenen Sound.
Johnny zieht sich bewusst auf sich selbst zurück, beschränkt sich auf das Wesentliche und inszeniert seine Musik als One-Man-Band. Das Instrumentarium besteht aus rudimentären Drums, Bass, E-Gitarre und natürlich Gesang. Das Recording findet ebenso in Abgeschiedenheit statt, wie der Prozess des Songwritings. Johnny macht alles, was möglich ist, allein. Vision trifft auf Unbeirrbarkeit und die Erkenntnis, das die Uhr tickt. Jeder Ton zählt.
Die Songs des Albums werden hier nach und nach veröffentlicht. Also schau regelmäßig rein, ob sich ein neues Türchen geöffnet hat. Wenn du kein Video verpassen willst, dann abonniere unseren Youtube Kanal.
Soul ist für mich der tiefe Ausdruck von Emotionen. Echten, wahren Gefühlen, kein Blabla. Das kann auch mal schmerzhaft sein oder unerträglich, aber immer authentisch. Bei der Beschäftigung mit diesem Genre ist mir aufgefallen, dass es viel mehr dieser Ausdruck ist, den ich mit Soul verbinde, als bestimmte musikalische Stilmittel. Die gibt es, ohne Zweifel, allein der Ausdruck macht es für mich zu Soul.
Motown hat mich fasziniert. Der Sound, das Umfeld der Entstehung, dreckige Stadt und harte Arbeit. Am Anfang meiner Musikerlaufbahn habe ich mein erstes Geld mit einer Galaband verdient, in der wir natürlich auch etliche Stücke aus dem Hause Motown zum Besten gegeben haben. Klar, an Stevie Wonder kam auch ich nicht vorbei, aber besonders beeindruckt hat mich der Bass-Sound eines gewissen James Jamerson.
James Jamerson ist bei mir nach wie vor gesetzt. Sein kräftiger, synkopierter Anschlag ist legendär, sein Sound unique.
James Jamerson - Fever In The Funk House
Sir Duke von Stevie Wonder habe ich in jener Zeit oft gespielt und mag den Song noch heute. Stevie Wonder - Sir Duke
Stevie Wonder - Sir Duke
Heute spiele ich ja - nomen est omen - hauptsächlich Ska mit meiner Band Johnny Reggae Rub Foundation. Im Anschluss an diese Konzerte finden oft Nighter statt, bei denen DJs erlesenes Vinyl auflegen. Dort spielt Northern Soul auch heute noch eine große Rolle und so schließt sich der Kreis des Souls für mich.
Martha & the Vandellas - Heatwave
Eine Künstlerin, deren Soul mich extrem beeindruckt hat, war Amy Winehouse. Auch hier bin ich zuerst über den Ska auf Amy aufmerksam geworden, denn sie hat zusammen mit The Specials eine Ska EP veröffentlicht, die ich sehr gefeiert habe.
Amy Whinehouse & The Specials - EP
Amy Whinehouse - Valerie
In diesem Song geht es um die Musik, die für mich sinnstiftend ist. Um Konzerte, die mich am Leben erhalten und den Austausch mit Hörer:innen und Fans, der belebt. Es geht aber auch um fehlende Wertschätzung, die Künstlern für ihr Schaffen entgegengebracht wird. Darum, dass Musik als gegeben hingenommen und konsumiert wird, ohne den Mensch dahinter zu sehen. Kurz, es geht um die Frage, welchen Wert Kultur in unserer Gesellschaft hat.
If it comes to music esteem
Who cares while eating the stream
One thing you shoulda agree
It’s made by humans - made by meJohnny Ska
Das erste Mal, dass ich Funk bewusst gehört habe, war 1985 im WDR Rockpalast. George Clinton trat auf und eine damals noch unbekannte junge Band namens Red Hot Chili Peppers. Ich sprang auf, suchte mein Mikrophone und nahm die Show auf Tape auf. Pure Energie! Dieses Peppers Konzert hatte einen großen Einfluss auf mich.
Funkadelic - Rockpalast (1985)
Red Hot Chili Peppers - Rockpalast (1985)
Einige Jahre später, ich lebte mittlerweile in Köln, sah ich Defunkt im legendären Luxor Club. Kim Clarke am Bass hatte es mir angetan. Was für ein Groove. Hot!
Defunkt, hier live in Baden-Baden (1984)
Und kürzlich habe ich die Aufnahmen von female Funkster Betty Davis für mich entdeckt, besonders das Album “They Say I'm Different” und “The Columbia Years Compilation”.
Betty Davis - Your Man My Man
Short Betty Davis Doku
Betty ist die Ex-Frau von Miles Davis, den ich in den 80er Jahren bei einem Konzert in der Kölner Philharmonie mit Darryl Jones am Bass erleben durfte. Ich erinnere mich, dass ich mich nach dem Konzert mit Darryl, der mittlerweile seit vielen Jahrzehnten der Bassist der Rolling Stones ist, unterhalten habe.
Darryl Jones with Miles Davis - Live in Montréal (1985)
Funk ist Energie. Groove. Bass. Ein treibender Rhythmus basierend auf einem gleichbleibenden Pattern. Der Funky Monkey holt dich ab. Der Beat nimmt dich mit. Bringt dich in Bewegung. Raus aus dem immer gleichen Datenstrom. Raus aus dem Zwang deines Alltags. Add your life some spice…
Are you lost in media jungle
move your body to the beat
free your ass your mind will follow
any problems just repeatJohnny Ska
Jazz war für mich das Ding. Ich habe mich wie verrückt mit Jazz, Scalen und natürlich mit Standards beschäftigt. Das Real Book rauf und runter geübt, Sessions gespielt und wie damals üblich Workshops mit namhaften Größen besucht. Musik wurde zum Hochleistungssport und ich zum Vollnerd.
Dann kam das eigene Quartett, ganz klar wie üblich mit meinem Namen und dem wenig malerischen Zusatz ‘Quartett’ hinten dran. Mit der Zeit wurde die Musik experimenteller, mein Jazzrock Trio folgte. Eines schönen Tages fand ich mich bei der Aufnahmeprüfung meines Schlagzeugers an der Musikhochschule in Hamburg wieder, als Sideman versteht sich. Dann kam sie, die Frage aller Fragen: Möchten Sie hier Bass studieren? Wir bieten Ihnen einen Platz an. Später hab ich es manchmal bereut, aber in dem Moment war es nicht mein Weg. Ich sagte also nein und das Leben bog in eine andere Richtung ab. Crossroads.
Der Filmklassiker ‘Kleine Haie’ mit dem jungen Jürgen Vogel parodiert die Situation in der sich manch Aufnahmeprüfling wiederfindet. Mir gings ganz ähnlich. Später bin ich Jürgen Vogel bei einem Filmdreh begegnet, bei dem ich als Statist mitgewirkt habe.
Kleine Haie Trailer
Wenig später stieg ich bei Adam Noidlt Intermission ein, einem frei improvisierten Orchester, in dem auch der legendäre Can Schlagzeuger Jaki Liebezeit mitwirkte. Gnadenloser Beat trifft No-Bullshit-Perfektion. Faszinierend. Wir spielten jeden Monat drei feste Termine im Kölner Stadtgarten, dem Stollwerck und einem kleinen Theater in Düsseldorf. Intermission hatte einen demokratischen Ansatz, brachte Profis und Amateure zusammen und änderte meinen Blick auf Musik. Improvisierte Musik und freier Jazz beeinflussten mich in diesen Tagen und ich begann mich auch für andere Musik zu öffnen. Die Verbindung von Musik zum eigenen Ich wurde wichtiger. Kunst durfte entstehen, Klang sich entfalten. End-of-Jazz.
Der Saxophonist Frank Gratkowski war damals auch sehr umtriebig und hat mich mit seiner virtuosen Spielweise jenseits von Karl Heinz Parker schwer beeindruckt.
Frank Gratkowski
Den Ausnahmepianisten Simon Nabatov hab ich zufällig bei einer Tasse Kaffee in der WG meines damaligen Basslehrers Tim Wells kenngelernt.
Simon Nabatov
Das Adam Noidlt Intermission Orchester von Frank Köllges in seiner ganzen Klangpracht in Moers.
Intermission
Jaki in einem Interview, in einem Rockpalast-Konzert mit Can und das Tributekonzert zu seinen Ehren in der Kölner Philharmonie.
Interview
Rockpalast
Tribute
Ich schreie, ich winde mich. Alpha & Omega. Ich fühl mich Dada. Der Beat hält mich am Leben. Das Herz schlägt weiter. Jeder soll hören, wie es sich anfühlt. Innen drin.
Der Virus ist ein Brandbeschleuniger in einer Zeit des Umbruchs, vielleicht sogar ein Scheidepunkt in der Geschichte der Menschheit. Der Virus zwingt uns zur Veränderung. Das mögen wir nicht. Ich auch nicht.
End of Oil. Klimawandel. Überbevölkerung. War alles schon vorher da, doch der Virus verstärkt die globale Ungleichheit. Der Anfang vom Ende? Alles wird in Frage gestellt. Das Virus als Sneak Preview auf die Ära, die auf uns zurollt.
Awful
Anger
Asshole
We hate Omikron
Johnny Ska
Es war Ende der Achziger. Irgendwie begann der Jazz zu diesem Zeitpunkt in mir abzuflauen. Plötzlich war Jazz zu elitär, zu kompliziert, zu wenig am echten Leben orientiert. Ursprünglich war Jazz für mich hot, sexy und tanzbar. Jetzt wurde er immer mehr zum reinen Hirn-Konstrukt.
Jazz mit Spaß und Spaß ohne Jazz
Charlie Parker’s Yardbird Suite in einer Version des Emmet Cohen Trios mit Cyrille Aimeé
Tony Bennett & Lady Gaga - The Lady is a Tramp
The Clash - Should I Stay or Should I Go
Operation Ivy’s Sound System in meiner Version mit der Johnny Reggae Rub Foundation
In welche Richtung sollte ich nun gehen? Ich musste mich irgendwie entscheiden. Auf der einen Seite wollte ich das Gelernte nicht aufgeben, auf der anderen Seite endlich am »richtigen« Leben teilnehmen, meinen Platz einnehmen, Familie gründen, Kinder kriegen. Aber das war nur so ein Gedanke. Mir fehlte die Erdung.
Familie und freier Musiker sein. Für mich zum damaligen Zeitpunkt nicht vereinbar.
Crossroads.
Letztlich ist eine schöne Eigenschaft des Jazz ein Teil von mir geblieben: Die Kunst der Improvisation. Weniger musikalisch, als die Fähigkeit, in »komplizierten« Lebenssituationen nicht die Nerven zu verlieren und handlungsfähig zu bleiben.
Darum geht es in meiner Reminiszenz an den guten alten Jazz Standard. Not Punk erzählt von einer Haltung zum Leben. Vom Komplizierten, das genau betrachtet gar nicht so schwierig ist und vom Tragischen, dem man auch flexibel begegnen kann.
In gewisser Weise ist es ein musical advise an mein früheres Ich, dass es in vielen Fällen besser ist, nicht drauf zu hauen, sondern die Versatzstücke des Lebens zu betrachten und damit zu improvisieren. Und vielleicht, mit ein bisschen Muße und Übung, verschiedene Klänge zu einem Ganzen zu integrieren.
Wenn du Antworten findest, auf Fragen, die du nie gestellt hast, dann ist es Jazz, nicht Punk.
If you find answers to questions never been asked
And that makes you drunk
Then it’s Jazz not Punk
Johnny Ska
So come on stand up and leave your comfort zone
Where do most people die? Yeah they die at home!
That shouldn't be your fate
Call your friends and make a date
Let’s meet for Rock ’n Roll don’t wait could be too late
Johnny Ska
Surrender is not a solution
So live before you die
Stop that soul pollution
Get a grip
Head up to the sky
Johnny Ska